Da mich durch meinen Deutschunterricht am Ausländer-Studienkolleg der Fachhochschule Niederrhein diese Arbeit sehr interessierte, trat ich sofort dem neu gegründeten Verein bei, um dort mitzumachen.
Dass diese Mitarbeit dann 40 Jahre währen würde, hätte ich mir damals natürlich niemals gedacht, zumal wir in diesen Jahren noch glaubten, dass weltweit mehr unternommen werden würde, die Armut auf der Welt in wenigen Jahren zu mindern. Im Laufe der Zeit mussten wir also lernen, unsere Arbeit nicht zu überschätzen, sondern realistischer zu werden.
Nach vielen Überlegungen sind wir auch bei dem Namen „Arbeitskreis Dritte Welt e.V.“ geblieben. Natürlich gefällt uns der Gedanke der einen Welt, in der wir leben, weshalb wir auch unseren Laden in „Eine-Welt-Laden“ umbenannt haben. Die rechtlich schwierigere Änderung des eingetragenen Vereins haben wir nicht vorgenommen, weil der Ausdruck Dritte Welt zeigt, dass wir uns mit wirtschaftlich benachteiligten Regionen dieser Welt beschäftigen.
Bei meinem Rückblick heben sich für mich zwei Dinge besonders hervor:
Erstens bin ich erstaunt über die vielen verschiedenen Tätigkeiten, die vom Arbeitskreis Dritte Welt ausgingen. Da war der faire Warenhandel des Ladens, der auch noch heute im Vordergrund steht. Dann gab und gibt es die vielen Informationsveranstaltungen, von denen wir sicher mehr als 500 durchgeführt haben. Wir beteiligten uns an vielen Anti-Apartheids-, Anti-Rüstungs- und Anti-Atomkraft-Demonstrationen und Friedensmahnwachen, versuchten uns einzusetzen für Hoffnungen auf eine gerechtere Welt. Die Not der vielen Flüchtlinge, die Anfang der 80er Jahre nach Deutschland kamen, wurde uns schon damals vor Augen geführt. Wir organisierten Hilfe bei der Wohnungssuche, beim Ausländeramt und für die Schule – so wie es heute Mitglieder von uns im Bündnis für Toleranz und Demokratie tun. Nachmittags verwandelte sich unser Laden an der Neuen Linner Straße in ein reges Nachhilfeinstitut mit vielen Jugendlichen, die mit Begeisterung Unterricht erteilten. Mit Altpapiersammeln setzten wir uns im Umweltbereich ein. Auf dem Katholikentag spielten wir Theater und kritisierten dabei die Praxis multinationaler Konzerne. Es entstanden Arbeitsgruppen zu Nicaragua und zum Südlichen Afrika.
Einen hohen Stellenwert besaß die spezielle Information über unsere Partnerorganisationen in Tansania und Indien und die Unterstützung von dortigen Entwicklungsprojekten. Auch heute noch bestehen Kontakte nach Indien und Selbsthilfegruppen dort werden unterstützt.
Das zweite, was mich bei meinem Rückblick vor allem bewegt, sind die vielen Menschen, die bei uns mitgemacht haben, die immer noch mitmachen, die sich in anderen Organisationen für die gleichen Ziele einsetzen, überhaupt die uns bei unserer Arbeit begegnet sind.
Der Arbeitskreis Dritte Welt e.V. wurde 1976 gegründet. Die „Dritte Welt“ wurde während des Kalten Krieges von den Blockfreien Staaten im Gegensatz zur Ersten Welt (der Westen) und zur Zweiten Welt (die Sowjetunion) hervorgehoben. Im Laufe der Zeit hat sich der Begriff verschoben zu „benachteiligte Entwicklungsländer“.
In der ersten Zeit, waren hauptsächlich ausländische Studierende und Jugendliche als Mitarbeitende dabei. Wir hatten auf der Neuen Linner Straße unsere Räume mit dem Laden, bis wir dann 1989 zum Westwall, also näher zum Zentrum, umgezogen sind. Wir beschäftigten uns mit Informationen zur Dritten Welt, wobei wir bis 2018 insgesamt bestimmt 500 Abende füllten. Außerdem befassten wir uns mit Flüchtlingshilfe, die von unseren Mitgliedern mit Deutschunterricht den um 1980 gekommenen Flüchtlingen gegenüber geleistet wurde. An vielen Anti-Apartheids-, Anti-Rüstungs- und Anti-Atomkraft-Demonstrationen und Friedensmahnwachen nahmen wir teil und versuchten uns damit einzusetzen für Hoffnungen auf eine gerechtere Welt.
Natürlich fanden in unserem neuen Laden mehr Waren Zuspruch und wir konnten die Geschäftszeiten erweitern. Seit Mitte der neunziger Jahre machten hauptsächlich Ältere bei uns mit, während viele Jugendliche nach und nach zum Studium in andere Städte gingen.
Einzelne Projektgruppen in Tansania, Sri Lanka und Indien unterstützten wir mit Besuchen, um eigene Erfahrungen zu erhalten, die wir unseren Mitgliedern und in Volkshochschul-Vorträgen weiter gaben und wir sammelten von Freunden Spenden, mit denen wir vor allem in Indien, südlich von Kalkutta, Brunnen finanzierten, die wegen des salzhaltigen Wassers oft mehr als 300 Meter tief in den Boden gebohrt werden mussten.
Seit mehr als zehn Jahren konnten wir allerdings keine Reise mehr zu den Projekten machen. Sowohl Projekte als auch Spenden sind zurück gegangen und heute unterstützen wir nur noch ein Projekt in Indien.
Während im Laufe der letzten Jahre andere Vereine die Flüchtlingshilfe und die Informationen über Entwicklungsländer mehr und mehr übernommen haben, ist dem Laden immer größere Bedeutung zugekommen. Schon als wir in die Räume am Westwall gezogen sind, haben wir den Dritte-Welt-Laden in Eine-Welt-Laden umbenannt, weil es besser passte. Inzwischen ist Krefeld zur FairTradeTown geworden, so dass der Laden mit seinem Fairen Handel eine immer wichtigere Rolle spielt.
Gerlinde Wientgen