Rückblick auf die „Ruhr Global“-Veranstaltung
„Koloniale Kontinuitäten am Beispiel der Fairen Metropole Ruhr“
Der vierte und in diesem Jahr letzte Teil der „Ruhr Global“-Reihe trug den Titel „Koloniale Kontinuitäten am Beispiel der Fairen Metropole Ruhr“. Er stieß auf viel Interesse bei den Zuschauer*innen, die über Zoom und Youtube teilnahmen. Sowohl am Ende der Veranstaltung als auch im Nachgang gab es viel Lob für den gelungenen Themenabend.
Beeindruckend war dabei vor allem die 97-jährige Ruth Weiss, Schriftstellerin, Wirtschaftsjournalistin und Aktivistin. Sie berichtete eindringlich aus ihren eigenen Erfahrungen während der Apartheid in Südafrika und aus vielen weiteren Lebens- und Arbeitsjahren im südlichen Afrika. Es gelang ihr, die Zuschauer*innen in eine andere Welt eintauchen und sie die bis heute oft bizarren Auswirkungen der Kolonialzeit auf den Alltag der Menschen in Afrika erkennen zu lassen.
Als äußerst informativ erwies sich auch der Einblick in die Spuren des Kolonialismus vor Ort im Ruhrgebiet, den Detlev Brum gewährte. Er hat sich u.a. beim Aufbau der Homepage „Dortmund postkolonial“ ein breites Wissen zum Thema zugelegt. Er konnte einen weiten Bogen spannen über die wesentlichen Aspekte der Ruhrgebietsgeschichte im 19. Jahrhundert im kolonialen Kontext. Eng waren die Verflechtungen mit den Kolonien: Zum Beispiel wurden im großen Stil Verkehrsmittel produziert für die kolonialen Plantagen. Umgekehrt wurden massenhaft Rohstoffe für die hiesige Industrie und Lebensmittel für die immer größer werdende Bevölkerung des Ruhrgebiets aus den Kolonien bezogen. Der Ruhr-Global-Zeitrahmen war deutlich zu klein, um dieses spannende Thema ausführlich genug beleuchten zu können.
Bunmi Bolaji, in Nigeria geborener Regionalpromotor des Eine Welt Netz NRW, knüpfte direkt an und zeigte exemplarisch, wie der Kolonialismus im modernen Afrika bis heute entwicklungshemmend nachhallt. Er konnte deutlich machen, wie sehr etliche afrikanische Staaten auch Jahrzehnte nach ihrer Unabhängig-Werdung nach wie vor im Interesse Europas direkt von ihrem ehemaligen Kolonialherren Frankreich dominiert werden. Der Wert der Landeswährung, wer in den jungen Demokratien kandidiert oder auch wer am Ende gewählt wird, hängt zu oft maßgeblich von europäischer Einflussnahme ab. Eine eigene Entwicklung vieler Staaten Afrikas wird im Kräftespiel ausländischer Wirtschafts- und Politikinteressen immer wieder behindert und sabotiert.
Die Zuschauer*innen waren sich einig: Das Thema „koloniale Kontinuitäten“ ist wichtig, denn es bestimmt unsere globale Gegenwart. In Europa herrscht offenbar ein gewaltiger Bildungsnachholbedarf in diesem Bereich, denn vieles, was an diesem Abend zur Sprache kam, überraschte, verblüffte und schockierte die Zuschauer*innen. Es herrschte die Einschätzung, dass verstärkt an diesem Thema gearbeitet werden muss, um den Boden zu bereiten, auf dem eine bessere internationale Partnerschaft gelingen kann und auf dem auch die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen umgesetzt werden können.
Die Veranstaltung steht auf Youtube zur Verfügung und kann aufgerufen werden unter https://www.youtube.com/watch?v=GSCaI4eqglo
Fotorechte Pixabay/Evgeni Tcherkasski