Termin : Mi, 30.03.2022, 19:00

Die Menschen auf dem afrikanischen Kontinent kämpfen nicht nur mit der Corona-Pandemie selbst, sondern auch mit ihren lebensbedrohlichen Auswirkungen auf die Wirtschaft oder die medizinische Versorgung insgesamt. Aber gerade hier entstehen gleichzeitig kreative Impulse und Initiativen besonders von Frauen wie bei „Zubo Trust“ in Zimbabwe, um der Krise zu begegnen. (Foto: radio continental drift/ FUGe Hamm)

 

Rückblick auf die „Ruhr Global“-Veranstaltung: Eine Welt – Zwei Pandemien: Coronas Schatten im Süden Afrikas

Die Corona-Pandemie hat weltweit vielen Menschen das Leben gekostet. Eine Oxfam-Studie spricht allerdings auch von „viermal mehr Corona-Toten in einkommensschwachen Ländern“. Gerade in den Ländern des Globalen Südens hat neben der Covid-Pandemie noch eine zweite Pandemie, eine sogenannte Schattenpandemie stattgefunden. Diese hat in diesen Ländern starke soziale und ökonomische Auswirkungen.

Um diese sekundären Folgen ging es bei diesem digitalen Talk. Moderiert vom Wirtschaftsjournalisten und Radiomoderator Kay Bandermann berichteten Jessica Bönn und Bulemu Mutale von ihren Erlebnissen und Beobachtungen in Kapstadt bzw. in Zimbabwe. Beide stehen besonders zivil-gesellschaftlichen Projekten nahe, die sich einerseits für Klimaschutz und Bildung und andererseits um Frauenförderung stark machen. Jessica Bönn hat zwei Jahre lang in Kapstadt, Südafrika, gelebt und war auch in diesem Jahr schon vor Ort. Der von ihr gegründete Verein Capetopia finanziert über ein Solarprojekt Schulgeld für Kinder aus finanzschwachen Familien. Sie berichtete von einer Zunahme häuslicher Gewalt in Folge der Lockdowns. Bulemu Mutale ist in Binga, Simbabwe, geboren und hat dort bis Anfang 2019 gelebt. Ehrenamtlich engagierte sie sich für die Frauenorganisation „Zubo Trust. Sie berichtete über die Auswirkungen der Pandemie auf die Frauen der Organisation im ländlichen Zimbabwe.

Jochen Steinhilber, der lange das Referat Globale und Europäische Politik der Friedrich-Ebert-Stiftung leitete und dort vor allem die internationale Entwicklungsagenda, sozial-ökologische Transformationsprozesse sowie Fragen der globalen Ökonomie im Blick hatte, ist nun Abteilungsleiter im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Bereich Flucht, Krisenprävention und Zivilgesellschaft. Er stellte die Auswirkungen der Corona-Pandemie in einen größeren globalen Zusammenhang und verdeutlichte an statistischen Daten die aktuelle Situation.  Erstmals seit 1990 ist ein Anstieg der Armut zu beobachten. Bisher hat die Pandemie rund 500 Mio. Jobs gekostet. Die Rücküberweisungen von Migrant*innen in ihre Heimatländer, die eine wesentliche Einnahmequelle in vielen Ländern des Südens sind, gingen um 20 % zurück. 1,6, Mrd. Kinder waren weltweit von Schulschließungen betroffen, die häufig sehr viel länger andauerten als in Deutschland. Schätzungen gehen von ca. 2 Mio. zusätzlichen Todesfällen weltweit aus, da die Gesundheitssysteme in vielen Ländern aufgrund der Pandemie überlastet waren. Auch die Verschuldungssituation von Ländern des Globalen Südens hat sich durch die Pandemie massiv verstärkt. Die sozio-ökonomische Krise ist noch nicht vorbei. Kurzfristig sind nach wie vor Volkswirtschaften betroffen, die von wenigen Exportgütern wie Blumen, Kakao oder Kaffee abhängig sind. Der Konsum dieser Güter in den Abnehmerländer ist noch nicht auf dem Niveau vor der Pandemie. Mittelfristig bis langfristig könnte es passieren, dass globale Lieferketten z.B. im Textilbereich sich verändern und die Produktion wieder in die Verbraucherländer zurückgeholt werden. Ziel müsste es sein in den Ländern des Globalen Südens eine stärkere Wertschöpfung zu erzielen durch Rohstoffveredelung und Weiterverarbeitung ebenso wie die regionale Kooperation zu stärken.

Die schnelle Abfolge von Krisen (Klima, Corona, Krieg gegen die Ukraine) können dazu führen, dass Gesellschaften erschöpfen. Umso wichtiger sei eine Stärkung der globalen Zusammenarbeit, resümierte Steinhilber. Die Zivilgesellschaft sieht er dabei als kritischen Partner der Politik.

Ein Mitschnitt der Talkrunde ist – aus technischen Gründen leider nur teilweise – auf Youtube zu finden unter https://www.youtube.com/watch?v=RrwSG62RBP8


Diese Veranstaltung teilen