Konzert-Lesung in der Heilig-Geist-Kirche

„Es ist moderne Sklaverei“

In der außergewöhnlichen Veranstaltung des Weltladens Geldern in Kooperation mit der ev. Kirchengemeinde, fair|rhein Kamp-Lintfort, dem Verein Beth HaMifgash, Kleve und der Fairtrade-Stadt Geldern standen die Ursachen der Flüchtlingsbewegung und das Schicksal der migrantischen Erntearbeiter auf den Orangenplantagen im Süden Italiens im Vordergrund.

Dr. Reinhard Schmeer, Vorsitzender von fair|rhein – Verein zur Förderung des Fairen Handel(n)s am Niederrhein – las aus dem Buch von Prof. Dr. Gilles Reckinger „Bittere Orangen – Ein neues Gesicht der Sklaverei in Europa“. Er sprach in seiner Einleitung von einer beschämenden Realität in Europa, die sich in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen, unwürdigen Lebensbedingungen, Ausgrenzung und Rassismus gegenüber den überwiegend vom afrikanischen Kontinent stammenden Migranten widerspiegelt. Die Beschreibung des Schicksals einzelner Arbeiter, die in Camps, Zeltstädten, in verlassenen Häusern, Fabrikruinen oder im Freien unter katastrophalen hygienischen Verhältnissen leben, die – wenn sie Arbeit bei der Orangenernte finden – mit Hungerlöhnen abgespeist werden, führte den Besuchern der Konzert-Lesung drastisch vor Augen, wie Menschen ohne Würde, traumatisiert in der heutigen Zeit auch in Europa leben. Hinzu kommt, dass staatliche Institutionen diese Menschen nicht angemessen unterstützen. Auch mafiöse Kriminalität erschwert den armen Menschen das Leben zusätzlich. Die Frage nach Perspektiven beantwortete Dr. Schmeer, indem er auf Kampagnen und Initiativen von Menschenrechtsaktivsten hinwies. So wurde u.a. SOS Rosarno ins Leben gerufen, eine Solidaritätskampagne, die mit den Kleinbauern und Mitgliedern von Genossenschaften kooperiert und Produktionsketten nach dem Prinzip des Fairen Handels aufbaut.
Dr. Schmeer brachte seine gut ausgewählten Textpassagen lebendig, einfühlsam in einer intensiv dichten Atmosphäre den rund 70 Zuhörern nahe.

Musikalisch eingerahmt wurden die Lesungstexte von der Weltmusikformation KLEFOR, dem Klever Freundschaftsorchester – getragen vom Verein „Haus der Begegnung – Bet HaMifgash“. Flüchtlinge und Einheimischlinge, wie es der Organisator der Gruppe Thomas Ruffmann formuliert, musizieren gemeinsam mit dem Ziel, den gegenseitigen Respekt durch Begegnung zu fördern. Das Repertoire umfasste an diesem Tag Lieder aus Süditalien, Griechenland, Armenien und Bulgarien. Von beschwingt und heiter bis melancholisch nahm die Musik die Textabschnitte jeweils gut auf und ermöglichte es den Zuhörern, die „Schwere der Worte auszuhalten“, wie es Pfarrerin Sabine Heimann von der ev. Kirche empfand. Am Ende wurde ein Lied gespielt und gesungen, das zur Hymne der italienischen und inzwischen auch weltweiten Demokratiebewegung wurde: „Bella Ciao“.

Am Ende dieser außergewöhnlichen Konzert-Lesung gab es für die Besucher die Gelegenheit, Infomaterial zum Thema „Süß statt bitter: Orangen ohne Sklaverei und ohne Gift“ sowie fair und ökologisch produzierte Orangen aus Kalabrien mitzunehmen.

     

 

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